Zusammenrechnung frühere Erwerbe: Festgestellter Grundstückswert ist auch für künftige Schenkungen bindend
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass ein für Zwecke der Schenkungsteuer gesondert festgestellter Grundbesitzwert für alle Schenkungsteuerbescheide bindend ist, bei denen er in die steuerliche Bemessungsgrundlage einfließt. Das gilt auch für die Berücksichtigung früherer Erwerbe nach dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (hier: § 14 Abs. 1 ErbStG), d. h. bei einer Schenkung, die innerhalb von zehn Jahren nach der ersten Schenkung erfolgt.
Das war geschehen
Der Vater hatte seinem Sohn im Jahr 2012 einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück ge-schenkt. Das Finanzamt hatte den Grundbesitzwert festgestellt und der Besteuerung zugrunde gelegt. Schenkungsteuer fiel aber nicht an, weil der Grundstückswert (87.392 Euro) unter dem Freibetrag für Kinder (400.000 Euro) lag.
2017 erhielt der Sohn vom Vater eine weitere Schenkung i. H. von 400.000 Euro. Da mehrere inner-halb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Vermögensvorteile zusammenzurechnen sind (§ 14 Abs. 1 ErbStG), ermittelte das Finanzamt einen Gesamtbetrag für beide Schenkungen und setzte Schenkungsteuer von rund 10.000 Euro fest. Dabei berücksichtigte das Finanzamt den Vorerwerb mit 87.392 Euro.
Sohn „rührte sich nicht“, da keine Schenkungsteuer anfiel
Der beschenkte Sohn meinte, dass der damals festgestellte Wert zu hoch und deshalb nun nach unten zu korrigieren sei. Bei der Schenkung im Jahr 2012 habe er sich nur deshalb nicht gegen den falschen Grundstückswert gewendet, weil die Schenkungsteuer ohnehin mit 0 Euro festgesetzt worden sei. Erfolgreich war er mit dieser Sichtweise bzw. Begründung aber nicht.
Grundstückswerte sind – im Gegensatz zu Werten sonstiger Schenkungsgegenstände (beispielsweise Geld) – für Zwecke der Schenkungsteuer in einem eigenen Verfahren gesondert festzustellen.
Die „Quittung“ kam später
Der festgestellte Wert entfaltet Bindungswirkung für alle Schenkungsteuerbescheide, bei denen er in die Bemessungsgrundlage einfließt. Das gilt auch für die Berücksichtigung eines früheren Erwerbs nach § 14 Abs. 1 ErbStG.
Beachten Sie
Hält der Steuerpflichtige den festgestellten Grundstückswert für zu hoch, muss er sich sogleich gegen diese Feststellung wenden. Macht er dies nicht und wird der Bescheid über den festgestellten Wert bestandskräftig, kann der Steuerpflichtige die Unrichtigkeit bei den nachfolgenden Schenkungsteuerfestsetzungen nicht mehr mit Erfolg geltend machen.
BFH, Urteil vom 26.7.2023, II R 35/21
Franziska Bielefeldt
Steuerberaterin
in der Kanzlei ASH Rechtsanwälte Steuerberater, Lübbecke