Steuerliche Abziehbarkeit: häusliches Arbeitszimmer muss für Tätigkeit nicht erforderlich sein
Ein häufiger Streitpunkt zwischen Steuerpflichtigen und den Finanzbehörden stellt das
häusliche Arbeitszimmer dar. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dazu festgestellt: Ein Abzug von
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer setzt nicht voraus, dass das Arbeitszimmer
für die Tätigkeit des Steuerpflichtigen erforderlich ist. Für den Abzug genügt es, wenn der
Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt
wird. Diese Entscheidung des BFH zu Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer einer
Flugbegleiterin wurde nachträglich zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt.
Hintergrund: Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer können nach dem Einkommen-
steuergesetz (hier: § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EstG) grundsätzlich nicht als Werbungskosten abgezogen werden. Anders ist dies, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall können Aufwendungen bis zu 1.250 Euro im Rahmen der Einkommensteuer berücksichtigt werden.
Bildet das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, können die Aufwendungen der Höhe nach unbeschränkt abgezogen werden.
Das war geschehen:
Im Streitfall machte eine Flugbegleiterin Aufwendungen in Höhe von 1.250 Euro für ein häusliches Arbeitszimmer geltend. Für die dort verrichteten Arbeiten stand ihr unstreitig kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Das Finanzgericht (FG) war aber der Ansicht, angesichts des sehr geringen Anteils dieser Arbeiten im Verhältnis zur Gesamtarbeitszeit der Klägerin sei das Vorhalten des Arbeitszimmers nicht erforderlich, da diese Arbeiten auch andernorts – z.B. am Küchentisch – hätten ausgeführt werden können.
Bundesfinanzhof: Auf Erforderlichkeit kommt es nicht an
Dem folgte der BFH nicht. Das Gesetz regelt, unter welchen Voraussetzungen und in welcher
Höhe Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer abziehbar sind. Insoweit typisiert das
Gesetz die Erforderlichkeit der beruflichen oder betrieblichen Nutzung des Arbeitszimmers für
die Fälle, dass kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht oder das Arbeitszimmer den
Mittelpunkt der gesamten Betätigung bildet, ohne den Begriff der Erforderlichkeit zu einer zu
überprüfenden Voraussetzung für den Abzug zu machen. Ob der Steuerpflichtige die Arbeiten,
für die ihm kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, leicht an einem anderen Ort in der
Wohnung – am Küchentisch, im Esszimmer oder in einem anderen Raum – hätte erledigen
können, ist deshalb unerheblich.
BFH-Urteil vom 03.04.2019, VI R 46/17
Franziska Bielefeldt
Steuerberaterin
in der Kanzlei ASH Rechtsanwälte Steuerberater, Lübbecke